Interview mit Toni Herzing

1. Vorstand Imkerverein Creußen und Umgebung e.V. (IVC) und ehrenamtlicher Bienensachverständiger und Fachwart, im Dezember 2021.

„Lieber Toni, was hat Dich zu Deinem intensiven Engagement im IVC bewogen?“

Toni: „Wir dürfen uns glücklich schätzen, in so einer schönen Heimat in Oberfranken zu leben, inmitten einer über Jahrhunderte hinweg entstandenen Kulturlandschaft, die uns ernährt und uns einen gesunden Lebensraum bietet. Diese Heimat gilt es zu bewahren und ihre Natur zu pflegen. 

Der Sinn des IVC ist u.a. die Verbreitung der Bienenhaltung zur Sicherstellung der Bestäubung der Obstkulturen, Kultur- und Wildpflanzen. Auch die Förderung des Naturschutzes und der Landschaftspflege ist eine der wesentlichen Aufgaben des Vereins; und dafür engagiere ich mich gerne und mit Leidenschaft im IVC.

„Der IVC hat sich der naturnahen und zeitgemäßen Bienenhaltung verpflichtet, was bedeutet das?“

Toni: „Mit „naturnahem Imkern“ bezeichnen wir zum Beispiel, dass wir im Verein möglichst auf künstliche Materialien im Bereich der Beuten (das sind die Behausungen der Bienen) verzichten. So bestehen diese bei uns nicht, wie in manchen Gegenden durchaus verbreitet, aus Styropor, sondern aus unbehandeltem oder geöltem Holz. Das kommt einer Behausung von in der Wildnis lebenden Bienen nah. Diese nisten sich oft und gerne in verlassenen Baumhöhlen ein. Automatisch stellt sich so durch das Wasser aufnehmende Holz ein Wohnklima ein, welches den Bienen hilft, ihre Arbeit zu verrichten. Sie werden nicht durch eine überzogene Wärmedämmung eines sterilen Styropors von den Einflüssen der Außenwelt abgeschnitten. Schließlich sollen die Bienen ja erst dann zu ihrem Reinigungsflug im Frühjahr aufbrechen, wenn es das Wetter zulässt. Zu frühes Auswintern eines Bienenvolkes kann zu vorzeitigem Verbrauchen des Wintervorrates führen, dieses wollen wir vermeiden.

„Muss jedes Mitglied im IVC so naturnah imkern?“

Toni: Als zertifizierter Bio-Imker habe ich mich freiwillig vielen Vorgaben bezüglich der Führung und Behandlung meiner Völker unterzogen. Das macht für mich und einige andere Imker im IVC aufgrund des Umfangs des Hobbys Sinn und fordert heraus. Den vielen Imkern und Jungimkern im Verein kann man die Zertifizierungsauflagen einer Bio-Imkerei jedoch nicht grundsätzlich abverlangen. Es gibt aber durchaus Regeln, nach denen sich unsere Imker richten müssen. So untersagen wir zum Beispiel ausdrücklich das Verstümmeln der Bienenköniginnen durch das Abschneiden der Flügel, um so das Ausschwärmen eines großen Teils des Volkes zu verhindern. Das Schwärmen von Bienen ist ein natürliches Verhalten von Bienenvölkern. Zwar hat auch ein naturnaher Imker erst einmal kein Interesse, dass sich seine Bienen mit dem Bauch voll Honig als Schwarm verflüchtigen, jedoch gibt es viele andere Maßnahmen, das zu verhindern. Schon alleine die rechtzeitige Schaffung von Platz in der Beute kann den ein oder anderen Schwarmtrieb unterdrücken.

„Was sind die Herausforderungen einer naturnahen Imkerei in der heutigen Zeit?

Toni: Der Klimawandel macht auch vor der Imkerei nicht halt. Zwar gleicht normalerweise kein Imkerjahr dem anderen, jedoch sind die Herausforderungen mit den Wetterextremen in jüngster Zeit gestiegen. So haben zum Beispiel die sehr trockenen und heißen Sommer der letzten Jahre den Bienen zwar zu einer guten Honigtracht (die bezeichnet den eingetragenen Honig) verholfen, jedoch wurde dieser Honig als Melezitose-Honig eingetragen. Diese im Honigtau vorkommende Zuckerart können weder die Imker aus den Honigwaben durch Schleudern ernten, noch können die Bienen diesen als Winterfutter verdauen. Und gerade ein ausreichendes Winterfutter ist heutzutage wichtig, da die Winterruhe des Volkes oft durch zu milde Winter gestört wird und die Bienen so mehr Vorrat verbrauchen. Wenn sich dann im Frühjahr durch ungünstige Witterungsverhältnisse die Blühphasen von Pflanzen noch verschieben bzw. überlagern, kommt der gesamte Haushalt der Bienen durcheinander. Hier sind die Imker gefragt, die die Entwicklung Ihrer Völker aufmerksam begleiten müssen.

Vor einigen Jahrzehnten ist ein Parasit aus wärmeren Breitengraden bei uns eingeschleppt worden, die Varroa-Milbe. Wie kann man die Verbreitung „naturnah“ bekämpfen?“

Toni: Wie überall in der Tierhaltung könnte man zuerst an die fortgeschrittene Tiermedizin denken, die mit allerlei medizinischen Substanzen einen Milbenbefall mit sich womöglich ausprägenden Resistenzen mindert, jedoch ist eine Biene ein höchst sensibles und noch nicht vollkommen erforschtes Insekt. Deshalb ist es angebracht, in einer naturnahen Imkerei Substanzen zur Behandlung anzuwenden, die es in der Natur schon gibt. So hat sich das mehrfache Besprühen der Waben mit 15% Milchsäure ad us. vet. oder das zeitlich befristete Verdampfen von 60% Ameisensäure ad us. vet. bewährt. Zudem kann rein mechanisch die Drohnenbrut entfernt werden (Drohnenschnitt), die als Brutstätte der Milben dient. Das ist zwar recht aufwändig, aber der Imker kommt so hautnah mit seinen „Mädels“ in Kontakt und entdeckt den ein oder anderen immer wieder interessanten Bienentanz!

„Welche Rolle spielt der IVC in der Nachwuchsförderung, wie wird man Jungimker?“

Toni: „Eine der wesentlichen Aufgaben des IVC ist eine ausgeprägte Allgemein-, Jugend- und Erwachsenenbildung. So bilden wir jedes Jahr Jungimker aus, deren Interesse unter Umständen bei einer unserer vielen Veranstaltungen geweckt wurde. Wir laden oft zu Vorträgen, Veranstaltungen auf unserem Lehrbienenstand in Büchenbach ein, wo auch begleitete Führungen auf dem Lehrbienenpfad stattfinden. Ebenso pflegen wir Patenschaften mit Schulen, in denen Schüler ihre ersten Erfahrungen mit der Haltung der nützlichen Insekten machen können. So fliegen mittlerweile einige zehntausend Gym-Bees vom Terrassendach des Gymnasiums mit Schülerheim Pegnitz zu ihrem Tagwerk aus. Es macht Freude zu sehen, dass diese Schüler-Generation verstanden hat, wie wichtig ein nachhaltiger Umgang mit der schützenswerten Natur ist.

Jeder Interessierte ist eingeladen, eine Veranstaltung des IVC zu besuchen oder einfach mal am Lehrbienenstand vorbeizukommen. Nicht Wenige, die eigentlich nur mal ein Glas Honig kaufen wollten, produzieren heute Ihren Honig als begeisterte und engagierte Jungimker selber.

„An welchem Projekt arbeitet der IVC derzeit?“

Toni: „Auf Initiative des Imkervereins ist ein Projekt zur Neugestaltung des vorhandenen Bienenlehrpfads in Büchenbach initiiert worden. Ein als „Entdeckerwabe“ gestalteter Pavillon soll den Einstieg in 2 Pfade bilden, die zu den Geheimnissen der Artenvielfalt und Biodiversität führen. In Zusammenarbeit des IVC mit der Stadt Pegnitz, dem Naturpark Fränkische Schweiz – Frankenjura, der ILE und engagierten Schülern und Lehren des Gymnasiums mit Schülerheim Pegnitz (Gym-Bees) entsteht so ein Ort der Naturerfahrung für Jung und Alt. Aufgrund seiner speziellen Infrastruktur sollen viele Menschen die Natur direkt vor Ort erleben können und sich davon verzaubern lassen. Viele Ideen wurden von Mitgliedern des Vereins eingebracht. Wir freuen uns auf dieses Projekt und laden alle Interessierten zur Gestaltung und Mitarbeit ein.“

„Lieber Toni, vielen Dank für dieses Interview, Deine offensichtliche Begeisterung für die Bienen ist ansteckend!“

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